Ich stimme dem 1. Beitrag zu und möchte zu den Grenzen noch ergänzen, dass eine Zeitzeugenbefragung nicht nur zeitliche Grenzen hat (Alter), sondern, dass es dabei auch viele menschlich persönliche Hindernisse gibt. Man hat ja nicht nur ein geschichtliches Ereignis, sondern einen Menschen vor sich. Dieser wertet und ordnet seine Erlebnisse selber subjektiv ein. Dadurch erfährt man, wenn es gut läuft viele persönliche Erlebnisse, aber möglicherweise ist auch nicht alles was gesagt wird 100% faktisch richtig. Vielleicht wird übertrieben, untertrieben oder es werden Fakten weggelassen, derer sich der Zeitzeuge durchaus bewusst ist, die aber ein unschönes Verhalten vom Zeitzeugen preisgeben könnten. Oder es werden Sachen im Nachgang glorifiziert. Auch kann es sprachliche Grenzen geben. Als Deutscher jemanden aus Chile zu befragen, kann schwierig werden und Sprache verändert sich, ist manchmal an die Umgebung einer bestimmten sozialen Gruppe geknüpft. Und dann kann es sein, dass von etwas berichtet wird, was wir 100 Jahre später gar nicht mehr so verstehen oder als das verstehen, was tatsächlich gemeint ist.
Auch kann es sein, dass der Zeitzeuge bereits Einschränkungen durch Erkrankungen hat, die sein Erinnerungsvermögen beeinträchtigen. Bei einer Befragung muss derjenige, der interviewt das alles berücksichtigen und kritisch reflektiert auswerten. Wenn du z.B jemanden aus der NS Zeit befragen willst, sind die meisten nicht nur schon längst tot, die die noch leben, werden dir ganz bestimmt nicht einfach so gerne alles von dem erzählen, was sie möglicherweise über KZ und Verfolgung gewusst haben. Es hat ganz viel mit Vertrauen zum Interviewpartner zu tun, ob sowas gelingt. Teilweise gibt es hohe persönliche Barrieren tatsächlich über etwas zu erzählen. Teilweise ist der Interviewte stark traumatisiert. Das alles beeinträchtigt/begrenzt die Möglichkeiten einer Zeitzeugenbefragung.