Hi ich muss bis morgen eine Textgebundene Erörterung über den unten dargestellten text schreiben. ich komm mit diesem text einfach nicht klar. ein beispiel wäre sehr hilfreich.
danke im vorraus
Es mag abgeschmackt sein über "Deutschland sucht den Superstar" zu schimpfen. Sich über ein Format aufzuregen, das seit Jahren ein konstanter Quotenhit ist, dem Millionen Deutsche offensichtlich begeistert zuschauen. Und doch muss an dieser Stelle gesagt werden: Dieses Format gehört zum Geschmacklosesten, was das Fernsehen derzeit zu bieten hat.
Wer es fertig bringt, einen jungen Mann, der seine todkranke Mutter pflegt und seinen Vater bereits verloren hat, schamlos durch den Kakao zu ziehen, ihn vorzuführen, auszulachen und dabei noch Mitleid zu heucheln, dem fehlt es nicht nur an Taktgefühl. Dem fehlt es an jeglicher Menschlichkeit.
Das mag jetzt klingen, als sei ein naiver Arte-Zuschauer aus Versehen beim Umschalten im Privatfernsehen hängen geblieben und aus seiner heilen Kirchenkonzertwelt gerissen worden. Der Eindruck trügt: Natürlich ist vieles von dem, was in der ersten Casting-Sendung zur neuen DSDS-Staffel zu sehen war, nicht überraschend. Nicht brisanter, nicht besser oder schlechter, als in den vorangegangenen Superstar-Suchaktionen.
"Superstars"
Die Sieger der RTL-Casting-Show
Ein vor Testosteron strotzender Dieter Bohlen, diesmal mit "Fick-Frosch" statt Phrasenschwein im Gepäck, dafür aber mit den altbewährten Kommentaren und Vergleichen ("Selbst mein Arsch glänzt nicht so wie dein Gesicht."). Ein alter, viel zu braun gebrannter Mann, der sich selbst zum Musikgott ernannt hat und von RTL munter darin unterstützt wird – schon im Vorspann tritt er mit eisernen Stiefeln wie ein Riese durch die Welt: Wichtig, wichtig dieser Poptitan.
Und dann – auch da hat sich nichts geändert – sind da natürlich tausende von jungen Menschen, die gerne einmal berühmt sein möchten. Solche, die wirklich eine gute Stimme und vielleicht auch das Zeug zum Superstar haben. Und dann immer die, denen dieses Talent fehlt. Denen aber auch jegliches Gespür für eine Selbsteinschätzung fehlt. Die unglaublich schief singen, unbeholfen auftreten und skurril aussehen. Menschen, die man vor sich selbst schützen sollte, statt sie vor eine Kamera zu zerren.
Genau aber das macht RTL mit viel Erfolg und aus langer Tradition, ganze Karrieren schöpfen sich inzwischen daraus, dass jemand eben nicht singen kann, es damit aber zum Klickhit auf Youtube schafft und plötzlich als absolut "kultig" gilt.
Soweit, so umstritten. Die jungen Menschen gehen schließlich freiwillig zu den Castings, verteidigt sich der Sender stets selbst – wer will solchen Argumenten mit einer moralischen Debatte begegnen?
Nein, vielleicht gehört hier nach sieben DSDS-Staffeln ein Strich drunter gezogen: Wer sich lächerlich macht, wird lächerlich gemacht – immerhin trifft er dafür Dieter Bohlen und kann sein Gesicht einmal im Fernsehen sehen.
Und doch bleibt vom Anfang dieser Staffel ein Satz hängen, der das bisherige Maß an Menschenverachtung noch einmal um vieles übersteigt: "Hätte er die kranke Mutter nicht, hätte ich ihn fertig gemacht", sagt Dieter Bohlen zu seinen Jurypartnern, als Stefan (30) gerade den Raum verlassen hat. Ziemlich kläglich hatte der versucht "Angels" von Robbie Williams vorzutragen – ja, ein guter Sänger ist der junge Mann nicht. Was man ihm hätte sagen können, was man auch hätte zeigen können: Geschenkt.
Singen durfte Stefan aber erst spät. Zuvor arbeitete sich die Jury lieber an seinem Schicksal ab, ließ RTL die todkranke Mutter erzählen, dass ihr Sohn ihre einzige Stütze im Leben sei, unterlegt mit tragischer Musik. Auch später tauchte diese Mutter wieder auf, im Wechsel mit dem singenden Sohn. "Er hat das Zeug zum Superstar", sagt die stolze Mutter, während ihr Sohn scheitert – das klingt in dieser Kombination wie beißende Ironie, macht den Kandidaten noch kleiner, schwächer, lächerlicher. Ob er eine Freundin habe, will Bohlen von Stefan wissen, "nein", sagt der und es gibt noch mehr ätzendes Mitleid.
Da sind sie also: Die strahlende Jury auf der einen, der scheiternde Kandidat und seine Mutter auf der anderen Seite. Ja, sie alle haben RTL eingeräumt, Millionen Menschen vorzuführen, was in diesem Casting abgelaufen ist. Sie haben Interviews gegeben und sich damit in den Fokus gestellt. Der gescheiterte Kandidat sagt es am Ende ganz offen: Es sei toll für ihn gewesen dabei zu sein und Dieter Bohlen einmal persönlich kennen zu lernen – auch wenn er dafür vielleicht durch den Kakao gezogen würde.
Und so zeigt dieser junge Mensch einmal mehr Größe. Dieter Bohlen hingegen führt schon wieder eindrucksvoll vor, dass er durch die Schwäche anderer seine Stärke bezieht.