Aus Neugier teilt gern mit wie das bei euch läuft - oder lief, wenn ihr die Schuljahre abgeschlossen habt.
Bei mir wurde seit Kindergarten getrennt. In den Klassen an Grundschule und Regelschule, (beide öffentlich), verbrachten Mittelschichtskinder und Unterschichtskinder die Unterrichtszeit zwar in einer Klasse und mussten auch Gruppenarbeiten machen, aber am Ende teilten wir nur den Aufenthaltszwang und blieben unter uns.
Der Spalt war nicht bei den Jungen, sondern bei den Mädchen am größten. Jungen unterschiedlicher Schichten verbrachten auch die Hofpausen und Schulfreizeiten miteinander. So was kam bei den Mädchen nicht freiwillig vor.
Ab der fünften gab es drei Mittelschichts- und sechs Unterschichtsmädchen in der Klasse. Die drei Mittelschichtsmädchen bildeten anfangs keine gemeinsame Gruppe.
Die Mittelschichtsgruppe der Mädchen bestand aus zwei Mittelschichtsmädchen und einem Unterschichtsmädchen (oder eine aus unterster Mittelschicht, oberster Unterschicht). Die wahre Schicht des einen Mädchens, war der Anführerin der Gruppe anfangs wahrscheinlich nicht bekannt.
In der siebten Klassen muss es zu einem Streit gekommen sein und das Unterschichtsmädchen wurde verstoßen und gegen das dritte wahre Mittelschichtsmädchen ausgetauscht.
Das dritte Mittelschichtsmädchen war erst weder mit den einen noch anderen eng. Sie wurde sogar von der Anführerin der Mittelschichtsgruppe hinterlistig gemobbt, indem die Jungen auf sie aufhetzte. Sie hat sich dann durch Dritte aus höheren Klassenstufen, mit der Anführerin gut stellen können und wurde ein anerkanntes Mitglied.
Die Ausgestoßene wurde ein Mitglied bei den Unterschichtsmädchen. Die unterteilten sich dann in oberste Unterschicht und mittlere Unterschicht. Die Mädchen wuchsen z. B. bei Eltern auf, die Hartz4 beziehen, oder nur bei einem Elternteil das Hartz4 bezieht oder bei Adoptiveltern. Erscheinungsbild der Unterschichtsmädchen war entsprechend, dick, zu dürr, ungepflegt, männlich oder gar körperbehindert. Die Klamotten mussten mehrmals getragen werden und kamen aus naheliegenden Shops wie C&A, Takko, Kik etc. Textildiscountern oder waren Schenkungen Verwandter.
Interessanterweise stießen die Unterschichtsmädchen auch gezielt zwei Unterschichtsmädchen aus der mittleren oder gar vielleicht untersten Unterschicht aus bzw. mobbten die öfters, behandelten sie herablassend, wegen Verdacht auf Lesbischkeit und Hässlichkeit, Zwittrigkeit (Intergeschlecht).
Die Mittelschichtsmädchen und Unterschichtsmädchen hatten in den Gruppen selbst eine weitere Hierarchie, z. B. gab es bei der Mittelschichtsgruppe eine Anführerin, deren Merkmale zu diesen Posten führten. Sie entsprach dem Erscheinungsbild von Barbie, war verkumpelt mit den Jungen, brachte gute sportliche und geistige Leistungen. Sie besuchte den Religionsunterricht. In ihrer Anführerposition wurde sie nie abgelöst. Sie wurde sogar von den Jungen zur Klassensprecherin gewählt, hatte aufgrund der Gunst der Jungen eine starke Klassenposition und Gewalt (konnte Mobbingziele lenken, solange sie Ziele weiblich waren).
In der Unterschichtsgruppe kam es öfters zum Wechsel bzw. zur geteilten Führerschaft. Eine war etwas zentraler als andere, aufgrund ihrer guten sportlichen Leistungen. Als die Ausgestoßene hinzukam, war die, wegen Teilhabe an der Mittelschichtsgruppe zuvor und sozial geringerer Nachteile, etwas privilegierter als die die nie dazugehörten. Die Ausgestoßene wuchs nur vaterlos auf und litt an Essstörung und Stimmungsschwankungen, die anderen aus der Unterschichtsgruppe hatten leider mehr negative Merkmale.
Daraus war zu lernen, dass es so etwas wie eine "hegemoniale Feminität" gibt. Eine Unterdrückungshierarchie zwischen bzw. unter verschiedenen Frauentypen, allerdings sind die Maße mit denen solche begünstigt und solche benachteiligt werden (was ist Mittel- und Unterschicht? etc.) von Männern/patriarchalen Werten bestimmt. Die "hegemoniale Feminität" gilt daher nicht allein und steht nicht über patriarchalen Werten, sondern ist von diesen entstanden.
Es gibt offiziell die "hegemoniale Männlichkeit". Verschiedenste Männlichkeiten, haben verschiedene Privilegien und Benachteiligungen, durch patriarchale Werte. Die "hegemoniale Männlichkeit" muss über der "hegemonialen Feminität" angesetzt werden, da ein Mann selbst wenn er feminin (schwul, trans, melancholisch/emo, schlank, schwach, kränklich, süchtig/abhängig, weinerlich, arm usw) ist, immer noch privilegierter ist, als eine Frau die den patriarchalen Dogmen der Feminität entspricht. Er kann immernoch zum "Mann" werden.
Wie erwähnt war meine Klasse ein sehr gutes Beispiel für diese Erkenntnis. Die Jungen haben sich trotz Unterschiede nie wirklich gegenseitig fertig gemacht. Stattdessen versuchten sie die Lehrerinnen und Schülerinnen fertig zu machen. Es ist nicht mal ein Widerspruch, dass sie das Mädchen, das dem Männerbild am besten entspricht, zur Klassensprecherin wählten und sie solange die Mobbingziele ihre Geschlechtsgenossinnen sind "ihre" Befehle ausführten. Diese Kumpeline stellte keine Gefahr für die Jungen dar und "führte" typisch einer Marionette eh nur das an, was die Jungen (Strippenzieher) wollten.
Falls es bei euch die Klasse auch so aufgeteilt war, teilt das gern mit.